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Diana Kopka

Heinz Tetzner, Sitzender Junge (1952)

Heinz Tetzner, 1920 in Gersdorf im Erzgebirge geboren, studiert ab 1946 in Weimar an der Hochschule für Baukunst und bildende Künste bei Hermann Kirchberger und Otto Herbig. Nach dem Studienabschluss verbleibt er für vier weitere Jahre in Weimar, wobei er davon ein Jahr Meisterschüler bei Herbig ist und dann eine Dozentur an der Hochschule innehat. Er malt 1952 das Bild Sitzender Junge. Karl Brix erwirbt 1979 als Direktor der Kunstsammlungen Chemnitz das Gemälde. Brix lobt es in seiner Ausarbeitung „Maler und Werk“, die zwei Jahre später erscheint, das es zum Besten gehört, was Tetzner in seinen Weimarer Jahren geschaffen hat.[1] 1954 kehrt Tetzner in seinen Geburtsort Gersdorf zurück. In sehr regelmäßigen Abständen stellt der Künstler in der Galerie Oben in Karl-Marx-Stadt aus.

Im Gemälde Sitzender Junge dominieren Blautöne. Das Porträt des Jungen ist in einer großen Nahsicht gezeigt, sein Körper spannt sich von Bildkante zu Bildkante. Tetzner lässt den Körper des Jungen an den Knien enden; diese wirken expressionistisch verzerrt. Er krallt sich mit seiner rechten Hand an die Sitzfläche des Stuhles, der mit der Lokalfarbe braun deutlich erkennbar ist, fest. Der Künstler porträtiert den Jungen in einer angespannten Körperhaltung. Es fällt damit auf, dass Tetzner ihn nicht in seiner kindlichen Leichtigkeit porträtiert. Der Junge trägt eine Hose mit Trägern und ein blaues Hemd, der Bildraum ist nicht lokalisierbar. Er schaut nach unten, still in Gedanken versunken. Die sichtbaren Hautstellen sind verschattet, nur der kleine Teil des Halses leuchtet hautfarben. Tetzner trägt die Farbe schnell und dünn auf, an manch einer Stelle schimmert die Leinwand noch durch.

Im Werkverzeichnis des Künstlers aus dem Jahr 1990 findet sich beim Titel des Gemäldes der Zusatz Hinterhausjunge.[2] Georg Felsmann notiert diese Anmerkung vermutlich nach Rücksprache mit dem Künstler. Allerdings wurde beim Ankauf des Gemäldes der Zusatztitel nicht mit angeführt, so dass es sich um eine nachträgliche Ergänzung handelt. Besonders reizen Tetzner statuarische Posen beim Menschen: sitzen, kauern, liegen und stehen. Es sind „elementare Haltungen“ des Lebens, in denen sich auf der einen Seite der menschliche Körper spannungsvoll zeigt, aber auf der anderen sich durch die Haltung eine Aussage über die innere Zerrissenheit formulieren lässt. Tetzner malt Menschenbilder, die er mit respektvollem Umgang der Schöpfung neu formuliert.[3] Es sind die stillen, auf sich bezogenen Menschen, wie Sitzender Junge, die Tetzner porträtiert. Mit großer Sensibilität formuliert der Künstler die Verletzlichkeit und Ängstlichkeit des Jungen, zeigt sein Inneres in der Haltung und im Gesichtsausdruck.

Das Werk des Künstlers muss in der Tradition des Expressionismus gelesen werden. Jedoch formuliert Tetzner die Farbigkeit nicht so brausend wie die Brücke-Künstler um 1910, sondern im ruhigen Fließen der Farben konturiert er die Formen.[4] Sein Lehrer Otto Herbig in der Weimarer Studienzeit unterhielt einen engen Kontakt zu Karl Schmidt-Rottluff, dies prägt seine Lehrtätigkeit und setzt Weichen für Tetzners Entwicklung. Besonders in den Zeichnungen und grafischen Arbeiten des Künstlers lässt sich eine künstlerische Nähe zu Käthe Kollwitz und Ernst Barlach erkennen, wobei der getragene Ernst der Figuren ebenso in Tetzners Malerei vorhanden ist. Interessant ist weiterhin, dass eine Publikation zum Werk des sächsischen Künstlers bereits 1984 in der BRD erschienen ist. Der Kunsthistoriker Rainer Zimmermann (1920 – 2009) erforscht die Malerei einer „verschollenen Generation“, er wendet sich Künstlerbiografien des expressiven Realismus zu. In diesem Zusammenhang erscheint auch die Monografie zu Tetzner, dessen Porträts laut Zimmermann Menschen vor oder nach der aktiven Phase des Lebens zeigen - eben vorrangig Kinder und Alte.[5]

Anmerkungen

[1] Heinz Tetzner. Hrsg. von Karl Brix. „Maler und Werk“ Dresden 1981. S. 5.

[2] Heinz Tetzner. Werkverzeichnis 1940 bis 1987. Hrsg. vom Bezirkskunstzentrum Karl-Marx-Stadt / Chemnitz 1990. S. 34.

[3] Wagner, Siegfried: „Ich male, wie ich atme…“. Reflexionen zum Leben und Schaffen des Malers und Grafikers Heinz Tetzner. Nov./Dez. 2004. Veröff. in: Heinz Tetzner. „Ich male, wie ich atme…“. Tetzner-Museum Gersdorf 2004. S. 6-7.

[4] Wagner, Siegfried 2004. Wie Anm. 3. S. 3.

[5] Zimmermann, Rainer: Heinz Tetzner. Malerei und Grafik. Delmenhorst 1984. S. 14.

Literatur

Heinz Tetzner. Hrsg. von Karl Brix. „Maler und Werk“ Dresden 1981.

Heinz Tetzner. Werkverzeichnis 1940 bis 1987. Hrsg. vom Bezirkskunstzentrum Karl-Marx-Stadt / Chemnitz 1990.

Heinz Tetzner „Ich male, wie ich atme…“. Gemeinde Gersdorf, Hrsg. vom Tetzner-Museum Gersdorf 2004.

Zimmermann, Rainer: Heinz Tetzner. Malerei und Grafik. Delmenhorst 1984.

Zitierempfehlung: Diana Kopka: Bilddossier zu "Sitzender Junge" (1952) von Heinz Tetzner, August 2012. In: Kunst in der DDR, URL: <https://bildatlas-ddr-kunst.de/knowledge/632>

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