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Diana Kopka

Lothar Zitzmann, Lampionumzug (1967)

 

Lothar Zitzmann, 1924 im thüringischen Kahla geboren, ringt in seinem Schaffen um die Ausarbeitung und die Vermittlung künstlerisch-gestalterischer Grundlagen. Ab 1970 wird er Direktor der Sektion „Grundlagen der Gestaltung“ an der Burg Giebichenstein, Halle, die er zuvor selbst aufgebaut hat. Benno Schulz, ein Schüler und Mitarbeiter Zitzmanns, wird nach dessen plötzlichen Tod 1977 den Prozess der Publikation der Lehren für Zitzmann übernehmen. Er zitiert seinen Lehrer in der Vormerkung zur Edition „Dokumente zur visuell-gestalterischen Grundlagenausbildung“ von 1990 wie folgt: „Die allgemeinen Gesetzlichkeiten visueller Gestaltung sind im Einzelnen lapidar und verführen den Nichtpraktiker, darin Binsenwahrheiten zu sehen. Worauf es aber ankommt, wenn man gestalterische Tätigkeit bewusst steuern will, das ist die Fähigkeit, in dem Komplex der Erscheinungen doch einfache Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und daraus gestalterische Schlüsse zu ziehen.“[1]

Zitzmann malt den Lampionumzug, das Gemälde wurde 1970 für die Kunstsammlungen Chemnitz erworben, in einer Nahsicht. Aus einer leichten Untersicht, einer vermeintlich kindlichen Perspektive lassen sich neun Körper identifizieren. Im Überlagern der Beine wird die Bewegung des Umzuges nach rechts sichtbar, nur ein Kind bleibt stehen. Es ist das Kleinste der Gruppe, wird an der Hand geführt und wendet sich erstaunt in einer Gegenbewegung der Gruppe zu. Der Hintergrund des Bildes ist schwarz, nur die Lampions beleuchten als einzige Lichtquelle die Szenerie. Sie bekommen ihre Plastizität durch die Faltungen des Papiers. Die Lampions sind ebenmäßig erleuchtet, das Licht der Kerze wird nicht sichtbar, somit kann man ihre Darstellung als abstrakt bezeichnen. Dagegen sind die Körper der Kinder durch das Licht plastisch aber unwirklich modelliert; die Farben sind aufgehellt und abgedunkelt. Die Gesichter und die Kleidung sind auf Grundformen reduziert. Zitzmann notiert in seinen Ausführungen zur Gestaltung, dass der Kopf eines Kindes noch nicht so stark ausgeprägt ist, deshalb zwinge die Straffheit der Formen stärker zur Einfachheit. Der Kopf eigne sich nach Zitzmann für das grundlegende Erfassen, da der Künstler nicht verleitet wird, zu viel Wert auf die einzelnen Formen in der Darstellung zu legen.[2] Bezieht man die Aussagen auf sein eigenes Bild, bemerkt man, dass die Kinder ohne Individualität dargestellt sind. Sie tragen alle die gleiche Pagenkopffrisur oder Bommelmütze. Die harmonische Komposition kommt dadurch zum Tragen, dass eine strenge Parallelität im Bildaufbau zugrunde gelegt ist. Die Stäbe der Lampions malt Zitzmann in einer leicht geneigten Vertikalen, zumeist gehen die Kinder mit dem linken Bein voran. Zwei Mädchen wenden den Kopf zur Seite. Das Reihungsprinzip wird dadurch verstärkt, dass der Künstler auch Kontrastwirkungen mit komponiert. Als Beispiel dafür kann der einzige runde gelbe Lampion in der Bildmitte benannt werden, um ihn herum komponiert Zitzmann das Bildgeschehen. Der Künstler verweist in seinen Ausführungen zur Gestaltung auf die Kugel als einfachste und ganzheitlichste, plastische Form.[3] Die Farbigkeit des Gemäldes ist sehr begrenzt: Beige, Gelb und Rot sind in Abmischungen und Abstufungen ins Bild gesetzt. Die drei Farben liegen im Farbkreis nebeneinander. Der schwarze Hintergrund kann nicht näher bestimmt werden, schafft aber eine wunderbare Fläche, das Licht der Lampions zum Leuchten zu bringen. Es herrscht eine raumgreifende Stille im Bild, die Münder der Kinder sind geschlossen, keiner singt: „Ich gehe mit meiner Laterne“.

Zitzmann verallgemeinert die Bildkomposition sehr stark. Er strebt eine Ausgewogenheit der Belebtheit der Figuren und der geometrischen Strenge ihrer Darstellung an.[4] Der Lampionumzug ist klar durchkomponiert und kann gerade im Hinblick auf Zitzmanns Ausführungen auch als eine gemalte Version seiner Lehre, die ansonsten prägend wird für die Formgestaltung, gelten. Im verallgemeinerten Umriss zeigt er die Kinder ohne Bindung an den konkreten Umraum, dennoch ist die Komposition in sich geschlossen. Besonders in der Reduzierung kann die Einbindung des Gemäldes in das weitere Schaffen des Künstlers belegt werden: siehe Zitzmann Skiläuferinnen (1971, Kustodie Leipzig).[5] Malerisch knüpft Lothar Zitzmann mit seinen Arbeiten des Spätwerks an die Gemälde von Oskar Schlemmer an, auch in seinen Ausführungen zur Formgestaltung kann ein Aufgreifen des Bauhausgedanken gesehen werden.

Anmerkungen

[1] Schulz, Benno: Hinweise. Veröff. in: Dokumente zur visuell-gestalterischen Grundlagenausbildung. Hrsg. von Lothar Zitzmann / Benno Schulz / Hochschule für industrielle Formgestaltung, Halle 1990. S. 6.

[2] Dokumente zur visuell-gestalterischen Grundlagenausbildung 1990. Wie Anm. 1. S. 267.

[3] Dokumente zur visuell-gestalterischen Grundlagenausbildung 1990. Wie Anm. 1. S. 37.

[4] Lothar Zitzmann. Entwicklung, Weite und Vielfalt in unbekannten Werken. Ausst.-Kat. der Galerie Lobeda-West. Hrsg. von Städtische Museen Jena 1984. S. 1.

[5] Kunst der DDR. 1960 -1980. Hrsg. von Ullrich Kuhirt. Leipzig 1983. S. 51 - 52.

Literatur

Kunst der DDR. 1960 -1980. Hrsg. von Ullrich Kuhirt. Leipzig 1983. S. 51-52, 148.

Lothar Zitzmann. Entwicklung, Weite und Vielfalt in unbekannten Werken. Ausst.-Kat. Galerie Lobeda-West. Hrsg. von Städtische Museen Jena 1984.

Dokumente zur visuell-gestalterischen Grundlagenausbildung. Hrsg. von Lothar Zitzmann / Benno Schulz / Hochschule für industrielle Formgestaltung, Halle 1990.

Zitierempfehlung: Diana Kopka: Bilddossier zu "Lampionumzug" (1967) von Lothar Zitzmann, August 2012. In: Kunst in der DDR, URL: <https://bildatlas-ddr-kunst.de/knowledge/628>

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