Rez.: Tübke Stiftung Leipzig. Bestandskataloge
Von Simone Fleischer
Zwei Jahre nach ihrer Gründung legte die Tübke Stiftung Leipzig 2008 einen ersten Bestandskatalog vor, der die Gemälde in ihrem Besitz verzeichnet. Im Jahr darauf, pünktlich zum 80. Geburtstag des Künstlers Werner Tübke, folgte ein Bestandskatalog der Zeichnungen und Aquarelle. Beide Bände zusammen führen als erste Veröffentlichungen der Stiftung deren Relevanz vor Augen, die nun, „nach dem Panorama Museum […] Bad Frankenhausen […] einen zweiten wichtigen Stützpunkt für die Kunst dieses Malers“ (9) bildet.
Die Tübke Stiftung Leipzig geht zurück auf eine Idee des Malers selbst, dessen Wunsch es war, dass „die Arbeiten aus seinem Nachlass […] in der Stadt Leipzig verbleiben sollten“ (7), wie Brigitte Tübke-Schellenberger im Grußwort des ersten Bandes bemerkt. Die Stiftung, die das Wohnhaus des Künstlers in Leizpig als Standort wählte, beherbergt nun den reichen Bestand von 19 Gemälden, 16 Aquarellen, 67 Zeichnungen und Einzelblättern sämtlicher Druckgrafiken. [1] Das Besondere ist dabei, dass der Gesamtbestand sich über den Zeitraum von 1936 bis 2004 erstreckt, also von den ersten Versuchen des Malers bis hin zu seinen letzten Arbeiten. Damit wird ein umfassender Blick auf das Werk Tübkes ermöglicht. Im Bestand der Gemälde zeigt sich dabei vor allem ein eher „private[r] Charakter“ (13); über die Zeichnungen und Aquarelle, oftmals Vorstudien und Skizzen, ist es darüber hinaus möglich, sich auch in die großformatigen Werke des Künstlers, die sich in anderen Sammlungen befinden, einzusehen.
Der Katalog der Gemälde folgt dem Bestand chronologisch. Die Texte zu den einzelnen Gemälden wurden von den Herausgebern zusammen mit Studenten des kunstgeschichtlichen Instituts der Universität Leipzig verfasst. Jedem Werk wurde dabei eine individuelle Betrachtung gewidmet, ein „Novum“ (17) des Katalogs, wie Annika Michalski und Frank Zöllner im einleitenden Text vermerken, wobei die Novität weniger in der Erstveröffentlichung eines Bildes als vielmehr in den sorgfältigen Einzelanalysen und der dafür herangezogenen, „bisher unzugänglichen Quellen aus dem Nachlass Werner Tübkes“ (17) liegt. Die Entscheidung für klassische Katalogtexte hat einerseits zur Folge, dass die Texte bei durchgehender Lektüre in ihrem ähnlichen Aufbau etwas seriell wirken. Andererseits sorgen die Ausführlichkeit und das Einbeziehen der neuen Quellen für interessante und informative Texte.
Die Beiträge beginnen zumeist mit einer genauen Beschreibung des Gezeigten, gefolgt von einer Einordnung in kunsthistorische Zusammenhänge. Dies gelingt nicht an allen Stellen gleich gut. Oft werden mehr oder weniger einleuchtende kunsthistorische Bezüge in bloßer Aufzählung hergestellt, etwa bei der Beschreibung des Bildes „Gesellschaft im Freien (Urlaub auf Rügen)“ (36-39), in dem lediglich auf die Ähnlichkeit in Motiv und Titel zu Manets „Frühstück im Freien“ hingewiesen wird. Inwieweit solche Einzelbeobachtungen die Bilder in ihrer Argumentation unterstützen oder aber wie sie sich in den „Kosmos“ des Künstlers fügen, wird schwer greifbar. Deutlicher werden die Texte innerhalb einer Einordnung in private und geschichtliche Zusammenhänge. So wird etwa das Bild „Versuch II“ (32-35) in den Kontext der Unruhen und Demonstrationen des Jahres 1956 eingebettet. Eine etwas stringentere Beweisführung auch anhand des Bildes, das mit entsprechenden Bildtopoi arbeitet, die aufgrund ihrer christlichen Provenienz die These unterstützen, hätte die Argumentation verfestigt. Nichtsdestotrotz gelingt es den einzelnen Bildtexten, einen interessanten und aufschlussreichen Einblick in die Bildwelten Werner Tübkes zu geben.