Versteinerter Reiter – Druckgrafik aus dem Kunstarchiv Beeskow
Muzeum Lubuskie im Jana Dekerta, Zespół Willowo-Ogrodowy, ul. Warszawska 35, Gorzów Wielkopolski
14. Oktober – 30. November 2011
Eröffnung: 14. 10. 2011, 17 Uhr
Mit der Ausstellung im Muzeum Lubuskie in Gorzów, der größten Stadt der Wojewodschaft Lebus, will das Kunstarchiv Beeskow auf die künstlerische Qualität seines umfangreichen Grafikbestandes aufmerksam machen. Er enthält rund 13.000 Druckgrafiken von knapp 1.000 Künstlerinnen und Künstlern, die zwischen 1949 und 1989 in der DDR gelebt und gearbeitet haben. 2010 wurden in der Burg Beeskow erstmals künstlerische Porträts aus der Sammlung „Krąg Arsenału“ des Museums Lubuskie gezeigt. Mit der zweiten Ausstellung soll der gemeinsame Wille zu einer dauerhaften deutsch-polnischen Zusammenarbeit erneut manifestiert werden.
Der Titel der Ausstellung „Versteinerter Reiter“ bezieht sich auf eine Lithografie des Künstlers Arno Rink. Sie ist das Resultat einer intensiven Beschäftigung mit Pablo Nerudas 1948/49 in Chile geschriebenem Poem „Großer Gesang“. Die Grafik lässt sich als bildkünstlerische Übersetzung für die poetisch verdichtete Sprachwelt und Sprechweise Nerudas werten. Der „Versteinerte Reiter“ ist eine autonome Gestalt, die unterschiedliche Assoziationen weckt und eigensinnig wirkt im Vergleich zu den vorgefertigten und allzu vordergründigen Bilderwelten. Sie dokumentiert mit ihrem Entstehungskontext die besondere Rolle der künstlerischen Grafik in der DDR.
Die intensive Hinwendung zur künstlerischen Grafik begann Anfang der 1950er Jahre in Leipzig mit einer Gruppe junger Hochschulabsolventen, darunter Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer, Gerhard Kurt Müller und Werner Tübke. Die Ausstellung zeigt grafische Arbeiten von diesen wichtigen Lehrern der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig sowie ihren Nachfolgern und damit sehr verschiedene künstlerische Handschriften. Zu sehen sind aber auch grafische Werke aus den künstlerischen Zentren in Dresden, Halle und Berlin.
Seit den 1970er Jahren genoss die Grafik in der DDR eine sehr hohe Wertschätzung, sie hatte über die Jahre spürbar an Popularität gewonnen. Die individuelle Nutzung von Druckpressen eröffnete den Künstlern einen Freiraum für Kunstäußerungen, der ansonsten durch die staatliche Kontrolle der Medien und Druckereien im Land offiziell nicht gegeben war. Auch Sammler und Ausstellungsbesucher hatten ihre politischen wie künstlerischen Sichtweisen weiter entwickelt und differenzierte Lesarten ausgeprägt, um der anspruchsvollen Grafik ästhetisch zu folgen. In den 1980er Jahren versuchten vor allem jüngere Künstler wie Falko Behrendt, Lutz Dammbeck, Gerd Mackensen und Otto Sander Tischbein fernab von thematischen Vorgaben und ausgefahrenen ästhetischen Gleisen eine eigene künstlerische Sprache zu entwickeln, bei der die Hinwendung zu sehr persönlichen Sichtweisen und die Einbeziehung neuer Medien zu beobachten ist.
Trotz formaler Gleichberechtigung und gleichwertiger künstlerischer Qualifikation spielten Frauen im Kunstbetrieb der DDR eine untergeordnete Rolle und fanden nicht die gebührende Anerkennung. Betrachtet man aber die Grafiken von einzelnen Künstlerinnen wie Linde Bischof, Petra Flemming, Ingrid Goltzsche, Sabina Grzimek, Núria Quevedo oder Charlotte Pauly genauer, dann zeigt sich, dass gerade diese emotional sehr spannungsgeladene und subtil in die Tiefe gehende Bildsprache die akademische Gattung der Grafik um ein Vielfaches bereichert hat.
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