Tagber.: „Räume der Bilder. Die Kunst in der DDR im Spiegel der Sammlungen“

Tagungsbericht: Tagung „Räume der Bilder. Die Kunst in der DDR im Spiegel der Sammlungen“ des BMBF-Verbundprojektes „Bildatlas: Kunst in der DDR“, 29./30. November 2011, Veranstalter Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)

Autorinnen:
Anna Littke, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam,
E-mail: littke@zzf-pdm.de
Anja Tack, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam,
E-mail: tack@zzf-pdm.de

Ende November 2011 fand mit der Tagung „Räume der Bilder. Die Kunst in der DDR im Spiegel der Sammlungen“ die dritte und letzte Konferenz im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojektes „Bildatlas: Kunst in der DDR“ statt. Ziel des Projektes ist es, die verschiedenen Sammlungen von DDR-Kunst systematisch zu erschließen, sie in einer Online-Datenbank zu dokumentieren und in diesem Kontext die für den Kunstbetrieb in der DDR charakteristischen Wege der Bilder in den verschiedenen Sammlungen zu rekonstruieren.
Das Nachwuchskolloquium des Projektes im Februar 2010 beschäftigte sich vor allem mit einzelnen Künstlern und Künstlerpositionen. Die Tagung „Die Wege der Bilder. Sammlungspolitik ostdeutscher Kunst in und nach der DDR“ im Mai 2011 war dagegen vor allem auf die Provenienzforschung und die Sammlungspolitik in der DDR fokussiert. Die von der Projektgruppe am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) organisierte Tagung „Räume der Bilder“ rückte die Genese und Geschichte einzelner Sammlungen zur Kunst in der DDR und deren spezifische Prägung durch den staatlich organisierten und politisch kontrollierten Kunstbetrieb in der DDR in den Mittelpunkt.

Begonnen und abgeschlossen wurde die Tagung mit einem Blick auf die Potsdamer Verhältnisse. Im Zentrum des Eröffnungsvortrags von MARTIN SABROW (Potsdam) stand die Frage, wie in Potsdam mit der architektonischen Stadtvergangenheit umgegangen wird. Der Direktor des ZZF attestierte den Potsdamern, seit dem Ende der DDR nach dem Credo einer „heilenden Regeneration“ zu verfahren. Sabrow verwies darauf, dass die sozialistischen Bauten eine immer geringere Rolle im Stadtbild spielen und Neubauvorhaben wie das Potsdamer Stadtschloss zu einer Marginalisierung dieses architektonischen Erbes beitragen würden. Die sozialistische Stadtvergangenheit sei „unter der zukünftigen Vorvergangenheit begraben“, so der Referent. Durchaus ähnlich wurde bisher mit dem bildkünstlerischen Nachlass der DDR im Potsdam Museum etwa in Gestalt der im Rahmen der „Galerie Sozialistische Kunst“ gesammelten Werke umgegangen. Dies soll sich  nun ändern. Während eines Rundgangs über die Baustelle am künftigen Sitz des Museums erläuterte JUTTA GÖTZMANN, Direktorin des Museums,  wie die Galeriebestände in die neue Ausstellung des Museums einbezogen werden sollen. Götzmann versteht es als genuinen Auftrag des Museums, auch die Werke aus der DDR auszustellen und sich mit ihnen öffentlich auseinanderzusetzen.

Ähnlich argumentierten die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion, die am ersten Abend als Kooperationsveranstaltung mit der Friedrich Naumann Stiftung stattfand. Unter der Fragestellung: „Nach dem Bilderstreit. Neue Perspektiven auf die Kunst aus der DDR?“ diskutierten JUTTA GÖTZMANN (Potsdam), KARL-SIEGBERT REHBERG (Dresden), FRITZ JACOBI (Berlin) und CHRISTOPH TANNERT (Berlin), wie mit dem künstlerischen Erbe der DDR jenseits der Zuspitzung des deutsch-deutschen Bilderstreits umgegangen werden könne. Zwanzig Jahre nach dem Ende der DDR schien unter den Teilnehmern Einigkeit darüber zu bestehen, dass die Werke aus der DDR nicht der Öffentlichkeit zu entziehen seien. Man dürfe die Beschäftigung mit der Kunst nicht als Affirmation der DDR verstehen, betonte Karl-Siegbert Rehberg, Leiter des BMBF-Verbundprojektes.

ANDREAS LUDWIG (Eisenhüttenstadt) eröffnete das erste Tagungspanel „Sammeln als Diktaturbewältigung“ mit einem virtuellen Ausflug in das Depot des Dokumentationszentrums Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt. Im Fokus standen vor allem Formen der Veralltäglichung von Kunst. Zu den Dingen, die nach 1990 von ehemaligen Bürgern der DDR in Eisenhüttenstadt abgegeben worden sind, zählen unter anderem zahlreiche Kunstpostkarten und Kunstdrucke, aber auch etliche Kuriositäten.

Parallelen zwischen dem Eisenhüttenstädter Dokumentationszentrum und dem von MARLENE HEIDEL (Beeskow) vorgestellten Kunstarchiv Beeskow bestehen in einer nach dem Ende der DDR entstandenen Archivstrategie. In Beeskow lagern in erster Linie Kunstwerke, die im Auftrag der Parteien- und Massenorganisationen entstanden und in den frühen 1990er-Jahren aus den öffentlichen Räumen entfernt worden waren. Im Beeskower Depot sei ein „Bilderstau“ spürbar, die Kunstwerke könnten nicht „in das kollektive Gedächtnis abfließen“, so die Referentin. Zu einer Auflösung des Staus habe erstmalig das Bildatlas-Projekt einen entscheidenden Beitrag geleistet. Mitarbeiterinnen hätten begonnen, die Gemälde zu inventarisieren und somit eine Basis für die weitere Arbeit an und mit den Werken geschaffen. Heidel betonte, dass das Ende des Projekts im Mai 2012 auch ein Ende dieser notwendigen Arbeit in Beeskow bedeute und dringender Handlungsbedarf bestünde, um die Werke der Nachwelt zu erhalten und entsprechend weiter aufzubereiten.

Eine eher ungewöhnliche Sammlung stellte KATJA PROTTE (Dresden) mit Kunst der Nationalen Volksarmee (NVA) im Militärhistorischen Museum Dresden vor. Die sehr heterogene Sammlung umfasst Werke sowohl von Berufs- als auch von Laienkünstlern, die teils durch Ankauf, teils durch direkte Aufträge erworben wurden. Ein Blick in die Sammlung zeige unter anderem eine sich im Verlauf der Zeit verändernde Auftragsordnung der NVA. Neben klassischen „Soldatenportraits“, dem Thema „Lebensfreude der Armeeangehörigen“ oder der künstlerischen Gestaltung der „Verbindung zu den Werktätigen“ finden sich auch Gemälde ohne Bezug zum Militär, die in erster Linie als Raumschmuck dienen sollten. weiterlesen Tagungsbericht Räume der Bilder

Hinterlasse eine Antwort