Vortrag: Bilderstreit im Albertinum. Kunstausstellungen der DDR und ihr Publikum
Abend-Vortrag von Prof. Dr. Bernd Lindner (Leipzig)
Mittwoch, 15. September 2010, 19 Uhr, Einlass 18:30 Uhr
Albertinum Dresden, Hermann-Glöckner-Raum, Eingang Georg-Treu-Platz
Zum Vortrag:
Lange Menschenschlangen vor dem Albertinum, egal ob Regen, Schneetreiben oder Sonnenschein. Seit dem Herbst 1972 bildeten sie alle fünf Jahre – von Oktober bis März – einen vertrauten Anblick. Doch nicht nach den Bildern der Dresdner Romantiker, Impressionisten und „Brücke“-Maler, die eigentlich ihre Heimstatt in der Galerie Neuer Meister hatten, stand das Kunstpublikum damals zu Hunderttausenden an, sondern um die neuesten Werke von Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Uwe Pfeifer, Nuria Quevedo wie auch Theodor Rosenhauer, Siegfried Klotz, Jürgen Schieferdecker, Hubertus Giebe oder Angela Hampel zu sehen. Nie zuvor in der deutschen Kunstgeschichte hat die Gegenwartskunst des eigenen Landes ein Publikum so in ihren Bann gezogen. Doch ging es hier nicht um Kunst allein. Die nationalen Kunstausstellungen der DDR waren immer auch ein Gradmesser für den Spielraum von Kritik und Öffentlichkeit in diesem Land. Und es gab nicht wenige Künstler, die bereit waren, ihn mit ihren Werken auszutesten. Vor ihren Bildern drängten sich die Betrachter, um sich, vermittelt über die Kunst, mit den realen Zuständen in ihrem Land auseinanderzusetzen. Der Kunstsoziologe und -historiker Prof. Dr. Bernd Lindner (Leipzig) hat diesen Prozess über viele Jahre begleitet und erforscht, woher dieses Massenpublikum kam. Er erinnert in seinem Vortrag – mittels Bildern und Besucherzitaten – an die Kunstwerke, die damals die Gemüter bewegten und von denen sich heute nicht wenige in der Sammlung der Galerie Neue Meister befinden. Dabei lässt er das Für und Wider, das sie bei ihren Betrachtern auslösten, noch einmal aufleben.
Zum Referenten:
Bernd Lindner, geb. 1952 in Lutherstadt Wittenberg, Kulturhistoriker und -soziologe; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig; apl. Professor an der Universität Karlsruhe, Autor bzw. Kurator zahlreicher Publikationen und Ausstellungen; in den 1980er Jahren Forschungsleiter mehrerer repräsentativer Besucherbefragungen in den Dresdner Kunstausstellungen, darunter die IX. und X. Kunstausstellung der DDR.