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Glossar

Staatlicher Kunsthandel

Im Dezember 1955 wurde das erste Geschäft des Staatlichen Kunsthandels in der Berliner Stalinallee 366 (1960 umbenannt in Frankfurter Allee 84) eröffnet. Erster Leiter wurde der Gebrauchsgrafiker Curt Belz, der zuvor Hauptabteilungsleiter in der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten war und anschließend im Ministerium für Kultur tätig war. Er versicherte sich der Mitarbeit von Dr. rer. pol. Heinrich Mock, seines Stellvertreters, der als erfahrener Grafiksammler, Museumsdirektor (Altenburg, 1933-1937) und Verleger (Graphik-Verlag Dr. Heinrich Mock, Altenburg, seit 1950 im Volksverlag Weimar) Kenntnisse und Erfahrungen besaß, die dem Renommee des Geschäftes zugute kamen. Mock kümmerte sich auch um eine Grafik-Galerie und den Aufbau einer Grafikabteilung, machte Ausstellungen zur Gegenwartskunst, die nach seinem Weggang nach München 1959 zum Erliegen kamen. Seit 1958 wurden Antiquitäten besonders nach Dänemark, Holland, Schweden, Westdeutschland und Westberlin exportiert. Um sichtbare Ergebnisse zu erzielen, wurden über das eigene Aufkommen hinaus, gemeinsam mit den Exportkunden, sowohl städtische Einrichtungen in Dresden und Leipzig als auch private Händler in diversen Städten und sogar Sammler aufgesucht. 1959 ging Dr. Mock nach München. Auf die im Export ohnehin im internationalen Maßstab geringen Preise wurden noch einmal Rabatte bis zu 40% gewährt. Exportierende Organisation war der DIA (Deutscher Innen- und Außenhandel) Kulturwaren, der 1965 in Liquidation ging. Wenige Tage vor Weihnachten 1962 wurde nahezu die gesamte Belegschaft des Staatlichen Kunsthandels inhaftiert. Der Prozess vor dem Obersten Gericht fand im Frühjahr 1964 statt. Es wurden Zuchthausstrafen bis zu vier Jahren verhängt. Als Abteilungsleiter für Antiquitäten wurde von Eberhart Bartke in den Ende 1962/Anfang 1963 gegründeten Betrieb VEH (Volkseigener Handel) moderne kunst derKunsthistoriker Karl Heinz Klingenburg im Frühjahr 1963 berufen. Direktor dieses Betriebes wurde der Architekt Karlheinz Gläßke, der zuvor die Waldsiedlung Wandlitz für die Mitglieder des Politbüros und deren Familien gebaut hatte. Angetragen wurde ihm die Stellung vom Kulturminister Hans Bentzien. 1964 schieden Klingenburg und Gläßke aus unterschiedlichen Gründen aus. Direktor wurde Werner Patzke, der über das Institut für angewandte Kunst ins Ministerium für Kultur gelangt war. Er verursachte die Liquidation des Betriebes moderne kunst. Per Anordnung vom 15. August 1967 wurde der Volkseigene Handel Antiquitäten gebildet. Er wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1974 zum Volkseigenen Handelsbetrieb (VEH) Bildende Kunst und Antiquitäten umgebildet. Erster Generaldirektor wurde der Kulturwissenschaftler Dr. Peter Pachnicke (geb. 1942), der zuvor im Ministerium für Kultur tätig war. 1976 folgte ihm - nun hieß der Betrieb offiziell Staatlicher Kunsthandel der DDR und erweiterte das Netz seiner Galerien und Werkstätten beträchtlich - Horst Weiß (geb. 1926), ab 1960 Sekretär und von 1964 bis 1976 1. Sekretär im Verband Bildender Künstler, war von 1976 bis 1990 Generaldirektor des Staatlichen Kunsthandels. Es wurden zahlreiche bis dahin private Betriebe wie die Keramischen Werkstätten von Hedwig Bollhagen in Velten (gegründet 1934), die Bronzegießerei Seiler & Siebert in Schöneiche bei Berlin und die Kunsthandlung von Albert Fils (gegründet 1870) in Berlin-Köpenick zu Teilen des Staatlichen Kunsthandels. Auktionen, auch für Münzen, gehörten zum Programm. Für den Export, insbesondere von Antiquitäten, wurde die Kunst & Antiquitäten GmbH des Bereichs Kommerzielle Koordinierung des Dr. Alexander Schalck-Golodkowski allein verantwortlich. Die Galerie Arkade, eine genossenschaftliche Gründung, die geistig anregendste Galerie des Staatlichen Kunsthandels unter der Leitung von Dr. Klaus Werner, wurde 1981 aus politischen Gründen geschlossen. Zu den Galerien, die besonders hervortraten, gehörten die Galerie am Sachsenplatz in Leipzig (Leitung: Hans-Peter Schulz) mit reger Ausstellungstätigkeit und ca. 50 Katalogen bis zur Wendezeit, unter denen die Bauhaus-Kataloge und Ausstellungen mit Katalogen zu ehemaligen Bauhaus-Schülern besondere Aufmerksamkeit gewannen. Die Galerie a (Leitung: Manfred Schmidt) führte bis 1989 elf Auktionen durch. Die räumlich größte Galerie war in Berlin die Galerie Unter den Linden (zuletzt Leitung: Hannelore Hintersdorf), vormals Galerie Berlin in der Karl-Marx-Allee 45. Zum Bestand des Staatlichen Kunsthandels war die Neue Dresdener Galerie (Leiterin: zuerst Petra Theumer, dann Ulrike Dagen) hinzugekommen, ein Magnet aufgrund der gemeinsam mit dem Kupferstich-Kabinett durchgeführten Dresdener Kunstauktionen. Bezirksdirektionen blähten den Staatlichen Kunsthandel, geschaffen analog zum staatlichen Aufbau, auf. Im April 1990 wurde aus dem Staatlichen Kunsthandel der DDR die „Art Union GmbH“. Nicht wenige zuvor leitende Mitarbeiter konnten sich 1993 selbstständig machen. Einige der Antiquitätengeschäfte wurden vom Auktionshaus Schneider, Schloß Ahlden, übernommen, existieren nicht mehr.

aus: Hartmut Pätzke: Von "Auftragskunst" bis "Zentrum für Kunstausstellungen". Lexikon zur Kunst und Kunstpolitik in der DDR. In: Eugen Blume, Roland März (Hrsg.): Kunst in der DDR. Eine Retrospektive der Nationalgalerie. Berlin 2003, S. 327f.

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